Systematische Literatur-Reviews
Systematische Literatur-Reviews sind vor allem in klinischen Fachgebieten der Medizin von großer Bedeutung, da für die Praxis (und manchmal für die Politik) „evidenz-basiert“ über die Ergebnisse zu einer bestimmten Forschungsfrage berichtet wird. Anders als bewertende Literaturüberblicke bzw. „einfache“ Reviews, charakterisieren sich systematische Literatur-Reviews dadurch, dass sowohl die Auswahl der Quellen transparent dargelegt wird, als auch die Literatursuche und -auswahl und die Methode der inhaltlichen Auswertung detailliert beschrieben werden.
Prognostische Faktoren bei Frauen mit Harnwegsinfektionen: Systematische Literaturübersicht und Meta-Analyse von Beobachtungsstudien
Harnwegsinfektionen bei Frauen gehören in der Primärversorgung zu den häufigsten Beratungsanlässen. Zwar sind in der Literatur viele Studien zu prognostischen Faktoren bzw. Risikofaktoren für einen schweren Verlauf der Erkrankung auffindbar, jedoch wurden diese Studien bisher noch nicht in einer systematischen Review und Meta-Analyse zusammengefasst, bzw. überprüft. Die Ergebnisse dieser Studie werden in die weitere Forschung auf diesem Gebiet einfließen, einschließlich der Entwicklung von Risikoscores und Lücken in der Literatur. Darüber hinaus soll die Studie Ärzt*innen in der Primärversorgung bei der Entscheidung über die am besten geeigneten Behandlungspfade für diese Patientinnen helfen.
Stand: Datenanalyse
Lead reviewer: Peter Kurotschka (kurotschka_p@ukw.de), Mark H Ebell
Erfahrungen und Perspektiven von Fachkräften im Gesundheitswesen in der Behandlung von Harnwegsinfektionen: Systematische Review qualitativer Studien, Meta-Summary und Meta-Synthesis.
Einstellungen, Ansichten, Erwartungen und Wahrnehmungen der verschiedenen an der Versorgung beteiligten Akteure (d. h. medizinisches und pflegerisches Personal, Patienten und ihre Betreuer) sowie kulturelle und gesellschaftliche Dimensionen sind für das Gesundheitsverhalten von Bedeutung und werden zunehmend mit qualitativen Methoden erforscht. Dies wurde auch für Infektionskrankheiten, wie z. B. Harnwegsinfektionen, gezeigt. Bislang gibt es keine Studien, in denen qualitative Untersuchungen zu den Perspektiven von Fachkräften im Gesundheitswesens (Ärzt*innen, Pfleger*innen, MFA, Apotheker, etc.) in Bezug auf Harnwegsinfektionen systematisch zusammengefasst wurden. Mit der Schließung dieser Forschungslücke wollen wir den aktuellen Stand der qualitativen Evidenz bereitstellen und Kliniker über Bedürfnisse und Erwartungen im Zusammenhang mit Harnwegsinfektionen informieren, die von verschiedenen Schlüsselinformanten als wichtig angesehen werden.
Stand: Datenanalyse
Lead reviewer: Peter Kurotschka (kurotschka_p@ukw.de)
Gründe für das Absetzen von SGLT2-Inhibitoren unter realen Behandlungsbedingungen: Eine Systematische Review und Metaanalyse von Beobachtungsstudien
Hintergrund: Als relativ neue Klasse von Antidiabetika gewinnen Natrium-Glukose-Co-Transporter-2-Inhibitoren (SGLT2-I) aufgrund ihrer kardioprotektiven und nephroprotektiven Eigenschaften auch außerhalb ihres ursprünglichen Einsatzgebietes zunehmend an Bedeutung. Persistenz und Adhärenz bei der Medikation haben einen großen Einfluss auf die medizinische Behandlung. Bisherige Studien liefern sehr heterogene Informationen zur Adhärenz bei dieser Substanzgruppe. Gepoolte Daten aus Zulassungsstudien und randomisierten kontrollierten Studien (RCTs), die den kardio-renalen Nutzen der Substanzen hervorheben, zeigen sehr niedrige Abbruchraten.
Fragestellung: Wie viele Patienten in einem ambulanten Setting nehmen SGLT2-I langfristig ein? Es ist bekannt, dass gut untersuchte Substanzen, die nachweislich die Sterblichkeit verhindern, häufig nicht regelmäßig (Adhärenz) und wenn, dann nicht dauerhaft (Persistenz) eingenommen werden.
Methoden: Systematische Literaturrecherche mit dem Ziel, Faktoren zu identifizieren, die zu einer schlechten Persistenz und Adhärenz von SGLT2-I in der Praxis beitragen.
Wir identifizierten 1922 elektronische Literaturquellen in 3 Datenbanken, Nach Entfernung von Duplikaten verblieben 1305 Abstracts. 63 Publikationen wurden im Volltext gescreent, vier weitere Publikationen wurden händisch identifiziert. Insgesamt erfüllten 6 Studien die a priori definierten Einschluss Kriterien: 4052 Patienten aus 8 Ländern mit Neubeginn einer SGLT2-I Therapie bei einer durchschnitllichen Beobachtungszeit von 13+/- 2 Monaten wurden analysiert Hierbei wurden 740 Abbruch Events beschreiben
Stand: Datenanalyse
Lead reviewer: Felix Kannapin (kannapin_f@ukw.de)
UTI-IPD Strategien zur Verringerung des Antibiotikaverbrauchs bei Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfekten in der Primärversorgung.
Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „UTI-IPD – Strategien zur Verringerung des Antibiotikaverbrauchs bei Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfekten in der Primärversorgung“ wurden in Kooperation mit dem Institut für Medizinische Statistik der Universität Göttingen individuelle Patientendaten aus klinischen Studien zur Verringerung des Antibiotikaverbrauchs studienübergreifend ausgewertet.
Es wurden über 9000 Publikationen nach klinischen Studien durchsucht, in denen nicht-antibiotische Behandlungsstrategien (Schmerzmittel, pflanzliche Mittel und Placebo) mit einer sofortigen Antibiose verglichen wurden. Insgesamt wurden neun Studien eingeschlossen.
Die Auswertungen belegen klar, dass nicht-antibiotische Strategien insgesamt mit einer höheren Symptomlast sowie einem häufigeren Auftreten von Komplikationen wie der Pyelonephritis assoziiert sind. Allerdings ergaben weiterführende Analysen, dass diese Unterlegenheit bei Patientinnen ohne Erythrozyten und bakteriellem Wachstum im Urin nicht nachweisbar ist. Point-of-Care-Tests zum Nachweis von Erythrozyten und Bakterien im Urin zum Zeitpunkt der Behandlungsentscheidung könnten also die Therapie mit nicht-antibiotischen Strategien im Einklang mit dem Antibiotika-Stewardship erleichtern.
Publikationen: LINK (Reducing antibiotic use in uncomplicated urinary tract infections in adult women: a systematic review and individual participant data meta-analysis - ScienceDirect)
Lead Reviewer: Yvonne Kaußner (kaußner_y@ukw.de)
Die Studie erhielt im März 2023 den David-Sackett-Preis des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e.V.